Freetown (Sierra Leone) bis Rio de Janeiro (Brasilien)

Am Morgen wurden immer noch leere Container auf das Schiff geladen. Gegen 11:30 Uhr, die Luft war vor lauter Smog bereits so dick, dass man sie schneiden konnte, legten wir endlich ab. Freetown wäre eine schöne Stadt, wenn sich die Leute darum kümmern würden. Die Landschaft ist wunderbar hügelig und die Stadt läuft entlang der Küste, unterbrochen von traumhaften Stränden. Leider ist sie total überfüllt von Flüchtlingen vor dem Bürgerkrieg.

Atlantik, 31. Dezember 2008 bis 4. Januar 2009

Die Zeit war reif für ein weiteres Fest, nur die Mannschaft wusste nichts davon. Am 31. Dezember um 23:37 Uhr überquerten wir den Äquator und kurz darauf endete das Jahr 2008. Auf dem Schiff merkte man nichts davon! Kein Ton des Horns bei der Äquatorüberschreitung und keine Raketen beim Jahreswechsel. Nur wir acht Passagiere und vier Leute von der Crew waren noch wach, ziemlich jämmerlich. Von den Rumänen erfuhren wir, dass die Italiener die Sylvesternacht nicht feiern. Die Feiern finden erst Neujahr statt. Das merkten wir am nächsten Tag!

Wir warten auf den Äquator ... und leeren schon mal eine Flasche Asti (© Bruno)

Das neue Jahr hatte begonnen ... und die nächste Flasche Asti muss dran glauben (© Bruno)

Der Chefkoch hatte schon angekündigt, dass es kein Gelage wie an Weihnachten gäbe. Das stimmte auch fast. Es gab kein Vorspeisen- und kein Dessertbuffet, dafür wurden die diversen Häppchen der Vorspeisen so schnell auf die Teller gepackt, dass wir mit dem Essen kaum nachkamen. Wir waren eigentlich schon satt, da begann das eigentliche Menü. Als erste Gänge Lasagne mit Pesto gefolgt von Tortellini mit Schinken-Sahne-Sauce. Die zweiten Gänge bestanden aus sechs Gerichten: Truthahn (mit guter Aussicht?), Lammkotlett in Worchestersauce mit Bratkartoffeln, Lammkeule, gegrillte Garnelen, Salat aus Meeresfrüchten und Fisch in Olivensauce. Claudia musste bereits nach dem Truthahn passen, während ich noch das Lammkotlett und die Garnelen schaffte. Die Lammkeule ließ ich schon ausfallen und vom Fisch nahm kaum noch einer. Das war aber noch längst nicht alles, es folgten die drei Nachspeisen: gemischte Früchte mit Eis, Panetone und Nougat. Endlich konnten wir verstehen, wie sich Mastgänse fühlen müssen. Die armen Tiere! Der Espresso zum Ende passte gerade noch so rein und wir waren reif fürs Abliegen.

Die Mannschaft des Schiffes... (© Bruno)

...ist nahezu vollständig angetreten (© Bruno)

Der Kapitän und der Chefkoch überwachen den Ausschank der Bowle (© Bruno)

Bereits das Menü...

...hätte uns zu denken geben sollen

Das Essen beginnt, noch sind wir frohen Mutes... (© Bruno)

...da werden wir von beiden Seiten mit Leckereien versorgt (© Bruno)

Nach zwei Tellern verschiedener Nudeln beginnen die Hauptspeisen... (© Bruno)

...wir sind noch mit dem Truthahn beschäftigt... (© Bruno)

...da kommen schon die Lammkotletts... (© Bruno)

...während der Chefkoch bereits an der Lammkeule säbelt (© Bruno)

Bei den Garnelen ist der Kapitän bereits skeptisch... (© Bruno)

...und ich kämpfe mit deren Verpackung (© Bruno)

Irgendwann gingen die Teller aus, die Früchte gab es nur noch auf Plastik (© Bruno)

Zum Abschluss spendierte der Kapitän zwei Flaschen Sekt und wir legten eine Weitere drauf (© Bruno)

Aus unserer Ruhepause wurde leider nichts! Trotz Widerspruch von uns scheuchten uns der Kapitän und der 1. Offizier aus der Messe. Wir hätten den Äquator gekreuzt und jetzt wolle uns Neptun taufen. Was der Kapitän befiehlt, ist Gesetz. Wir trotteten also lethargisch aus dem Ausgang neben der Küche und waren trotz Sonnenschein plötzlich klatschnass und munter. Die Küchencrew hatte sich auf dem Deck über uns postiert, mit riesigen wassergefüllten Eimern. Als jeder einen Eimer abbekommen hatte, packte der Chefkoch einen Wasserschlauch aus, um die restlichen trockenen Stellen noch zu fluten. Am Ende der Strecke wartete der Kapitän mit unseren Urkunden für die erfolgte Taufe.

Zuerst erwischt es Claudia... (© Bruno)

...und dann bekomme auch ich eine volle Ladung ab (© Bruno)

Die anderen waren zum Teil noch fast trocken... (© Bruno)

...als es auf einmal zu regnen anfing... (© Bruno)

...da hatte Michele seine Finger im Spiel (© Vasile)

Am Ende waren wir alle nass... (© Bruno)

...und der Chefkoch hatte den Kampf mit seinen Untergebenen verloren (© Vasile)

Endlich bekamen wir die Urkunden... (© Bruno)

...wir waren offiziell von Neptun getauft (© Bruno)

Am Samstag war es soweit, wir bekamen endlich die lange versprochene Führung durch den Maschinenraum. Als wir im Leitstand in der dritten Ebene ankamen, dachten wir, was für ein angenehm klimatisierter Arbeitsplatz. Das änderte sich, als wir über schmale Treppen zwei Stockwerke nach unten krabbelten zu den Motoren. Dort war es 40° warm, reichlich schwül und ziemlich laut. Die Treppen, der Boden und alles um uns herum wackelte im Takt der mit 100 U/min laufenden Hauptmaschine. Die Maschine ist einfach ... riesig. Zwei Stockwerke hoch, 8 Zylinder in die locker je ein Mensch reinpasst, zwei monströse Turbolader und gutem Appetit ... 55 - 70 Tonnen Schweröl pro Tag. Damit die Maschine überhaupt läuft, muss das Schweröl auf gute 140° erwärmt werden, sonst fließt es gar nicht. Darum herum jede Menge anderer Technik: sechs Generatoren, eine Anlage zur Wasserdampferzeugung (für Warmwasser, Heizung, Schwerölerwärmung, etc.), Meerwasserentsalzung für das Brauchwasser, fette Tanks für 3.000 Tonnen Treibstoff, 240 Tonnen Brauchwasser und 15.000 Tonnen Ballastwasser, Kompressoren für die Druckluft zum Schalten der diversen Ventile, dicke Pumpen und vieles mehr.

Der Leitstand in der 3. Ebene...

...alles ziemlich robust gebaut

Das ist noch nicht die Hauptmaschine, nur einer der sechs Generatoren...

...das ist die Hauptmaschine, zumindest ein Teil davon

Die Basis der 8 Zylinder...

...die Zylinderköpfe sind ein Stockwerk höher

Der "Anlasser" sitzt direkt auf der Kurbelwelle...

...die weiter zum Heck läuft und am Propeller endet

Die Mechanik mit der die Propellerblätter verstellt werden (das Rote ist eines der drei Lager)

Der Kolben des sechsten Zylinders, der in Hamburg gewechselt wurde

Rio de Janeiro, 5. Januar 2009

Nach ziemlich genau sechs Tagen und knapp 5.000 km auf dem Atlantik kamen wir gegen 13:30 Uhr endlich an und durften doch nicht in den Hafen. Statt im Sonnenschein an der Copacabana zu flanieren, mussten wir stundenlang vor der Stadt ankern und im Regen das Geschunkel der Seedünung ertragen. Die meiste Zeit sahen wir nicht einmal etwas von Rio, die Stadt versteckte sich hinter dichtem Nebel. Erst kurz vor Mitternacht legten wir im Hafen an, leider viel zu spät für eine Tour durch Rio.

Rio de Janeiro, bewölkt - kühl - regnerisch, so hatten wir uns den Empfang in Südamerika nicht vorgestellt

Endlich im Hafen und es regnet immer noch (die Christusfigur ist kaum zu erkennen, so weit ist sie entfernt)