El Tabo bis Algarrobo

Als wir erwachten, lief eine Frau auf dem Campingplatz herum und sammelte Hundehaufen ein. Der Camping musste wohl doch geöffnet sein! Ich machte mich rasch fertig und ging hinaus zu der Frau. Schnell stellte sich heraus, dass auch sie ein Gast war. Sie war Amerikanerin und ihr Mann war in Santiago geboren, aber in Kanada aufgewachsen. Ihr Mann lebte seit zwei Jahren in einer kleinen Hütte auf dem Campingplatz und sie war vor sechs Monaten nachgekommen. Unglaublich, zwei Jahre in so einem Loch!

Während ich mich mit ihnen unterhielt, fuhr ein Auto auf Glubschi zu und ein Mann redete auf Claudia ein. Es war Michael, den wir vor knapp zwei Monaten in El Calafate kennen gelernt hatten. Er, seine Frau Marion und ihr Bremach Knuffi waren in Algarrobo bei einem Deutschen, der dort lebt. Sie hätten jetzt nur keine Zeit, da sie einen Reifen von der Reparatur abholen müssten, aber wir sollten doch vorbei kommen. Wir könnten dort auch stehen und es gebe da eine Wäscherei und einen guten Mechaniker. Das alles ging so schnell, dass sich Claudia gerade noch "Algarrobo", "Hans", "steile Straße zum Meer", "Casa del Cerro" und "Schild Se Vende" merken konnte, bevor sie wieder abfuhren.

Wenn das keine glückliche Fügung war! Wir rätselten schon was wir machen sollten. Hier auf dem Campingplatz bleiben? Ohne Waschmaschine in der Nähe, mit dürftigen Sanitäranlagen, umgeben von streunenden Hunden. Das wollten wir nicht! Da kam das großzügige Angebot von Hans, dem Deutschen, der in Algarrobo lebt, genau zum richtigen Zeitpunkt. Nach einer kurzen Dusche, das Wasser wurde gerade mal lauwarm, verließen wir erleichtert den Campingplatz und fuhren zwei Orte weiter. Hier begannen die Probleme. Alle Straßen zum Meer waren steil und Schilder mit "Se Vende" (zu verkaufen) hingen an vielen Häusern. Also fragte ich jemanden nach einem Deutschen namens Hans, der hier wohne. Bingo! Der erste wusste gleich, wen ich meinte und schickte mich zum Yachthafen. Dort sah Claudia in einer Seitenstraße das Auto von heute morgen stehen und schon hatten wir ihn gefunden. Als ich bei ihm klingelte, war Hans sehr erstaunt, wie wir sein Privathaus gefunden hätten. Er hatte doch den Weg zu seinem Restaurant, dem "Casa del Cerro", beschrieben. Es wunderte ihn ein wenig, dass er hier bekannt war wie ein bunter Hund.

Wir kamen genau richtig. Gerade waren Marion & Michael da und sie wollten eben nach Santiago abfahren. So konnten wir direkt ihren Platz auf dem Parkplatz des geschlossenen Restaurants übernehmen. Wir erfuhren, dass bis vor drei Tagen Andrea & Guido ebenfalls hier waren, um ihre BMW reparieren zu lassen und Marion & Michael noch etwas an ihrem Bremach haben machen lassen. Das scheint sich hier zu einem Anlaufpunkt für Südamerikareisende zu entwickeln. Aus diesem Grund verlangte Hans nun eine, relativ hoch bemessene, Gebühr pro Tag für Wasser und Strom. Was wir aber verstanden, schließlich muss er dafür auch zahlen.

Algarrobo, 7. Mai bis 7. Juni 2009

Hans war wirklich ein Goldstück! Jeden Tag schaute er mehrmals bei uns vorbei, versorgte uns mit Tipps, half bei Problemen, zeigte uns die Gegend, organisierte den Mechaniker und gab den Übersetzer bei Sprachproblemen. Am Samstag vermehrten sich dann die Autos. Zuerst tauchten Edith & Bruno wieder auf, die ihr Büssle repariert hatten, und kurz danach trafen noch Astrid & Frederic ein, die wir aus dem Nationalpark Tierra del Fuego kannten. Astrid & Frederic stoppten nur kurz für einen Plausch, bevor sie weiter nach Valparaiso zogen. Der Mechaniker bekam jetzt reichlich Aufträge, bei uns ein paar Sachen und für Edith & Bruno auch Einiges.

Algarrobo, 12. Mai 2009

Wie vereinbart standen wir um 9:00 Uhr bei Juan Carlos und er begann gleich mit der Arbeit. Es war weniger schlimm, als wir dachten. Die vordere rechte Bremse hatte kein Problem und die Bremsflüssigkeit war noch in Ordnung, nur das Bremssystem musste entlüftet werden. Beim vorderen Differential sickerte das Öl nicht an der Dichtung heraus, sondern aus einem kleinen Loch an einer Schweißnaht. Das Loch war komplett mit Farbe gefüllt, da hatte wohl die Qualitätskontrolle bei Bremach mal wieder versagt, wie direkt bei der Auslieferung mit der Heizung. Kurz das Schweißgerät ausgepackt und schon war das Loch verschlossen. Das leichte Spiel bei der Schubstange der Lenkung behob Juan Carlos mit dem Dremel und einer stabilen Schelle, wirklich kreativ! In fünf Stunden war alles erledigt, inklusive abschmieren, und wir konnten zurück zu unserem Parkplatz. So hatte er nach dem Mittagessen noch Zeit sich Ediths & Brunos Büssle anzusehen. Das sah gar nicht gut aus, wider Erwarten ölte nicht der Turbolader, sondern die Zylinder pusteten Öl in den Turbolader. Wahrscheinlich ist einer der Kolbenringe defekt. Juan Carlos tippte auf den Öl-Abstreifring, aber um es genau zu wissen muss er den Motor zerlegen.

Valparaiso, 14. Mai 2009

Marie Claire & Hans mussten am Nachmittag etwas in Valparaiso erledigen und nahmen uns mit. Gegen 10:00 Uhr fuhren wir ab und nahmen eine landschaftlich schöne Strecke. Nur sahen wir nichts davon, da alles in dichten Nebel gehüllt war. Erst kurz vor Valparaiso lichtete sich der Nebel und wir bekamen einen tollen Ausblick auf die 42 Hügel, über die sich die Stadt erstreckt. Hans übernahm die Rolle des Fremdenführers und fuhr mit uns durch die Stadt und erzählte über die Geschichte und die aktuelle Situation. Zum Mittagessen brachte er uns in das Restaurant "Hamburg", das 1985 von Wolfgang (einem Thüringer) gegründet wurde, der zuvor 22 Jahre zur See fuhr. Hans und Wolfgang arbeiteten in ihrer Jugend zusammen auf einem Schiff und trafen sich vor einigen Jahren zufällig in Chile wieder. Wie klein doch die Welt ist!

Unser erster Blick auf Valparaiso ... sieht gar nicht hässlich aus

In der Stadt stehen immer wieder ganz nette Häuser

Was für eine riesige Stadt, für nur 1,5 Millionen Einwohner

Eine ganz schön steile Straße, Hans Berlingo mit sechs Leuten drin schaffte es gerade noch

Schon komisch, am Stadtrand mit der besten Aussicht wohnen die ärmsten Menschen

Ich, Hans, Marie Claire, Edith, Bruno und Claudia (von links) im "Hamburg"

Algarrobo, 21. Mai 2009

Es war Nationalfeiertag und in ganz Chile fanden Paraden statt, auch in Algarrobo, nur etwas kleiner. Zuerst marschierten die Schulkinder - geordnet nach den einzelnen Schulen - dann fuhren die öffentlichen Fahrzeuge - Straßenamt, Müllabfuhr, Feuerwehr - und als letztes passierten die Reiter in ihren Trachten, wegen denen wir kamen.

Am Ende der Parade kamen die Reiter...

...gleich hinterher die Gruppe zum Entfernen der Pferdeäpfel...

...und als Abschluss die letzte Kapelle

Lo Abarta, 24. Mai 2009

Nicht weit von Algarrobo fand ein typisches Rodeo statt. Bereits die Anfahrt war schwierig, da sich keiner die Mühe machte, auf das Ereignis hinzuweisen. Hätte Marie Claire davon nicht im Lokalfernsehen gehört, hätten wir nie davon erfahren. Das chilenische Rodeo ist irgendwie speziell. In einer runden Arena ist ein kleiner Bereich abgetrennt, in dem zwei Gauchos auf einen jungen Stier warten. Nach drei Aufwärmrunden in dem abgetrennten Bereich öffnet sich das rechte Gatter und die zwei Reiter müssen den Stier entlang der Wand nach links führen, dort drehen, wieder nach rechts, dort drehen, wieder nach links, dort drehen, wieder nach rechts und als letztes den Stier durch den Ausgang treiben. Leider war das Wetter feucht und kalt und neblig, sodass es nur wenige Besucher hatte.

Die Arena mit dem abgetrennten Bereich und rechts dem geschlossenen Ausgang - zum Finale kamen dann mehr Besucher

Anfangs waren die Stiere noch recht munter...

...und schwierig zu stoppen...

...zurück ging es gemächlicher...

...und die Wende klappte besser

Nur manchmal spielte der Stier nicht mit und bewegte sich keinen Schritt

Während dem Finale gab es Livemusik

Am Ende bekamen die Sieger ihre Medallien umgehängt

Claudia (diese hier) verkaufte die meisten Lose und wurde später zur Prinzessin gekrönt

Algarrobo, 2. Juni 2009

Wir kontrollierten mal wieder unsere Kontoauszüge und erschraken ganz schön. Unsere letzte Bargeldabhebung hier am 16. Mai nutzten böse Buben, um unsere Kreditkarte zu kopieren und bei Santiago 1.300.000 Pesos (ca. 1.700 Euro) abzuheben. Nur unser niedriger Kreditrahmen hielt sie davon ab noch mehr zu klauen. Wir mussten leider die Kreditkarte sperren lassen und die DKB weigerte sich, uns eine Ersatzkarte nach Chile zu schicken. Mit der Begründung, Chile sei ein Risikoland! Schon seltsam, wo bitte ist Chile risikoreich? Bei Bolivien oder Kolumbien könnte ich das noch verstehen, aber Chile? Na ja, zum Glück hatten wir noch andere Kreditkarten dabei. Wir ließen uns erstmal die Karte zu Claudias Eltern schicken und müssen jetzt sehen, wie wir die Karte bekommen.