Embalse (Stausee) Colbún bis Algarrobo

Nur 65 km von Talca bis Curico blieben wir auf der PanAm, dann nahmen wir eine kleine Landstraße in Richtung Meer. Hier war es wesentlich interessanter als auf der PanAm. Es ging hinauf auf kleine Hügel und wieder hinunter. Je näher wir dem Meer kamen, desto trockener wurde die Landschaft. In den kleinen Orten und Dörfern waren die Schäden der Erdbeben deutlich zu sehen. Überall standen provisorische Holzhütten und das Militär war dabei weitere Holzhütten aufzustellen, damit die Menschen bei den Regenfällen des Winters wenigstens ein Dach über dem Kopf hatten. Wie sich später herausstellte, befanden wir uns im Epizentrum des Erdbebens mit der Stärke 6,9 vom 11. März, dem Tag der Amtsübernahme von Präsident Piñera in Chile.

Bei Rapel war dann Schluss! Die Brücke über den Rio Rapel stand zwar noch, war aber so stark beschädigt, dass sie nicht mehr befahrbar war. Auf der Brücke herrschte trotzdem ein reges Treiben. An der einen Seite hielten die Busse, die Passagiere liefen über die Brücke und stiegen an der anderen Seite in die wartenden Busse. Wir mussten 21 km zurück und vorbei an der Embalse Rapel bis San Pedro fahren, wo wir auf die Ruta 66 kamen. Eigentlich wollten wir im Reserva Nacional El Yali übernachten, aber daraus wurde nichts. Ohne vorherige, schriftliche Erlaubnis der CoNaF (die Nationalpark-Verwaltung Chiles) in San Antonio kamen wir nicht hinein.

Also fuhren wir weiter in Richtung Algarrobo und kamen bei San Antonio auf die schöne, neue Schnellstraße, aber nur bis kurz vor Las Cruces. Dort war bei der Mautstation kein weiterkommen mehr. Die Angestellte wollte von uns den Tarif für LKW's haben und wir wollten wie immer nur den Tarif für Pick-Up's zahlen. Diesmal half kein diskutieren und so warteten wir, bis deren Chefin kam. Aber auch die bestand auf den LKW-Tarif, da konnten wir noch so reden. Daher wendeten wir, fuhren die paar Kilometer zurück nach San Sebastián und nahmen die Landstraße nach Algarrobo. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir die Klippe bei Punta las Ventanas.

Bei Rapel war Schluss! Das Erdbeben vom 11. März bei Rancagua (Stärke 6,9) hatte ihr den Rest gegeben

Punta las Ventanas, 25. bis 26. April 2010

Da wir nicht am Sonntag Abend bei Hans & Marie Claire einfallen wollten, fuhren wir lieber zu der einsamen Klippe. Auf dem Weg dorthin kamen uns Dave & Rose mit ihrem Rundhauber Nessie entgegen und schlossen sich nach einem kurzen Gespräch auf der Straße an, um uns dort etwas Gesellschaft zu leisten. Am nächsten Morgen fuhren die Beiden nach Algarrobo, um einige Teile bei Juan Carlos abzuholen und weiter nach Santiago zu fahren, und kamen Abends total frustriert wieder. Die Teile waren nach zwei Monaten immer noch nicht fertig. Den nächsten Tag starteten sie wieder früh morgens, während wir die Sonne an der Klippe genossen und erst später zu Juan Carlos fuhren.

Von Punta las Ventanas hat man einen guten Blick auf Algarrobo

Nachts hatten wir Gesellschaft von Dave & Rose, zwei Schotten mit ihrem Rundhauber Nessie...

...Tags über hatten wir die Klippe ganz allein für uns...

...und auch an den riesigen Strand und zur Piratenhöhle verirrte sich niemand

Algarrobo, 27. April bis 30. Juni 2010

Am Nachmittag trafen wir Dave & Rose bei Juan Carlos wieder. Die Teile waren zwar immer noch nicht fertig, aber wenigstens wurde an Nessie gearbeitet. Wir erklärten Juan Carlos nur kurz was bei uns zu machen war und fuhren dann zu Hans & Marie Claire. Als wir Abends an unserem Stellplatz, Hans' Casa del Cerro, ankamen, standen Dave & Rose ebenfalls schon dort. Sie mussten noch auf ihre Teile warten, weil es anscheinend ein kleines Kommunikationsproblem gegeben hatte. So ist das halt, wenn Englisch auf Spanisch trifft.

Unser Stellplatz mitten in Algarrobo...

...direkt neben dem Casa del Cerro

Bereits Freitag hatte Juan Carlos Zeit für Glubschi und wir fuhren frohen Mutes hin. Nachdem er sämtliche Öle abgelassen hatte, fiel ihm auf, dass er jetzt Motoröl bräuchte. Also rauf auf das Motorrad und nach geraumer Zeit kam er mit 3 Kanistern zurück. Als er den Temperatursensor in die Ölwanne schrauben wollte, sah er, dass eine neue Dichtung nötig war. Also wieder rauf auf das Motorrad, zum ersten Laden, der sie nicht hatte, zurück zur Werkstatt, seinen Helm holen, zum nächsten Laden, der sie dann hatte, und nach ewiger Zeit zurück. Dann konnte er endlich das Motoröl einfüllen. Bei den Differentialen das Gleiche. Wo ist denn das passende Öl? Ich hatte doch noch einen Eimer davon! Wo ist der nur hingekommen? Also nochmals rauf auf das Motorrad, in den nächsten Ort gefahren und den Eimer neu auffüllen lassen. Als die Sonne bereits unterging, hatte er glatt schon wieder alle Öle eingefüllt. Fast ein ganzer Tag, nur um fünf Öle zu wechseln. Ging das nicht flott?

Weiter ging es am Samstag, eine gründliche Durchsicht stand an. Zuerst kamen nacheinander alle Räder ab, um die Bremsen, die Bremsbeläge und die Achsen sowie Radaufhängungen zu prüfen. Dabei sah er, dass die beiden hinteren Stoßdämpfer am Ende waren und gewechselt werden mussten. Danach prüfte Juan Carlos die Lenkung, zog ein paar Schrauben daran fester und justierte was am Hydraulikzylinder. Zum Schluss rollte er unter dem Fahrzeug herum, schaute alles an und sicherte mit Loctite die Schrauben der Motoraufhängung. Jetzt hieß es warten, bis Juan Carlos alle notwendigen Teile aus Santiago beschaffen konnte.

Genau eine Woche später, auch am Samstag, standen wir wieder bei Juan Carlos in der Werkstatt. Die neuen Stoßdämpfer und die anderen neuen Teile waren ruck-zuck eingebaut und er konnte sich der Klimaanlage widmen. Der Kasten wurde ohne abzuklemmen rausgebaut, komplett zerlegt, gründlich gereinigt, die Ventilatoren repariert, der Wasserablass an die tiefste Stelle verlegt und alles wieder zusammen gesetzt und eingebaut. Die Klimaanlage sah danach aus wie neu, nur funktionieren tat sie noch immer nicht. Anscheinend lief der Kompressor nicht an, obwohl der Keilriemen sich drehte. Da Juan Carlos nicht alle Teile hatte auftreiben können, mussten wir noch etwas länger warten.

Glubschi lässt sich in der Werkstatt von Juan Carlos verwöhnen

Die Wochen vergingen und wir hörten nichts von der Firma, bei der wir Anfang Januar die neuen Reifen bestellt hatten. Nur einen neuen Termin gab es, den 30. Mai. Also beschlossen wir, auch noch den Zahnriemen und die Keilriemen wechseln zu lassen, da sie sowieso in 140 Stunden (etwa 6.000 km) fällig waren. So nutzten wir die Zeit wenigstens sinnvoll. Inzwischen kannten wir Juan Carlos gut genug, um ihn zu bitten, den Zahnriemen an unserem Stellplatz und nicht bei ihm in der Werkstatt zu wechseln. Eine kluge Entscheidung! Fast zwei Wochen verstrichen, bevor alles wieder zusammen gebaut war. Wie immer, war er mal anderweitig beschäftigt oder er musste für Teile nach Santiago oder er war irgendwo verschollen. In Chile (und Südamerika generell) brauchte man viel Geduld und gute Nerven.

San Alfonso del Mar, 23. Mai 2010

Um die Monotonie des Wartens zu unterbrechen, besuchten wir die größte Anlage mit Ferienwohnungen in Algarrobo und besichtigten eine der Vorführwohnungen. Von Algarrobo gesehen, wirkte die riesige Anlage wie ein Schandfleck. Wenn man aber mal drin war, sah es schon anders aus. Am beeindruckendsten der riesige Pool, über einen Kilometer lang, acht Hektar Fläche, 250 Millionen Liter Salzwasser, weiße Sandstrände und kristallklares Wasser. Der hatte sogar einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde! Darum herum zehn Blöcke mit 2.500 Ferienwohnungen und ein Elfter gerade im Bau. Die Wohnungen hatten einen schönen Schnitt, einen großen Balkon und einen herrlichen Blick auf den riesigen Strand am Pazifik und Algarrobo. Für den gerade im Bau befindlichen Block konnte man noch Wohnungen erwerben, die restlichen waren fast alle verkauft.

Von Algarrobo erscheint San Alfonso del Mar als Schandfleck

Der Gesamtplan von San Alfonso del Mar (bereits mit dem im Bau befindlichen Block, rechts-unten)

Die zweitkleinste Wohnung mit drei Schlafzimmern und 117 m² für 5.690 UF (etwa 190.000 Euro)

Santiago, 8. bis 10. Juni 2010

Irgendwann war Glubschi dann doch fertig und wir konnten eine kleine Probefahrt nach Santiago machen, wo wir die Klimaanlage reparieren lassen wollten. Bei der Klimaanlage war nur ein kleines Ventil kaputt, an dem man den Druck im System messen konnte. Nachdem das Ventil gewechselt und das Gas aufgefüllt war, lief der Kompressor wieder an und es kam kühle Luft. Da wir schon in Santiago waren, gingen wir gleich tüchtig shoppen, unsere Einkaufsliste war im Lauf der Monate ganz schön lang geworden. Auf den 465 Kilometern schnurrte Glubschi wie eine zufriedene Katze. Jetzt waren wir soweit! Juan Carlos hatte einiges an Glubschi gearbeitet: alle Öle gewechselt, eine komplette Durchsicht, Heizung/Klimaanlage gereinigt und repariert, Stoßdämpfer erneuert, Keilriemen und Zahnriemen gewechselt, Schutz für die Scheinwerfer gebaut und noch ein paar Kleinigkeiten erledigt. Dafür wollte er allerdings inzwischen auch richtig viel Geld, letztes Jahr war er noch günstiger. Nur die Reifen waren immer noch nicht da und wir mussten weiter warten. Immerhin gab es einen weiteren Termin, den 18. Juni. Da sollten sie kommen. Wirklich! Wer es glaubt wird selig.

Glubschi ist fertig und hat erstmals schicke Augenlider aus Edelstahl bekommen

Endlich kamen doch noch die Reifen. Mit nur 12 Wochen Verspätung, aus 90 Tagen Lieferfrist wurden etwa 175 Tage, selbst für südamerikanische Verhältnisse reichlich spät, konnten wir die neuen Reifen montieren lassen. Wir standen inzwischen mehr als 9 Wochen in Algarrobo und hatten die Hoffnung bereits aufgegeben. Noch hatten wir etwas Profil auf den Reifen, wollten das aber aufsparen, da wir damit rechneten, die Reifen noch für den Weg nach Córdoba und wieder zurück zu brauchen, um die neuen Reifen nach unserer Heimreise in vier Monaten hier abzuholen. So waren wir verdammt zum Stillstand und mussten die Zeit in Algarrobo totschlagen.