Villa General Belgrano bis PN El Palmar

Ich wollte gar nicht weg von Ralf & Bettina! Hier fühlte ich mich wie zu Hause. Hier war immer jemand, mit dem ich mich unterhalten konnte. Hier kam ich mir nicht so einsam vor. Doch selbst Ralf meinte, es wäre Zeit den Anker zu lichten und Glubschi die Sporen zu geben. Also verließ ich schweren Herzens den netten Platz und die lieben Menschen. Das erste Stück bis Alta Gracia erkannte ich kaum wieder, obwohl ich es schon so oft gefahren war. Nach den kräftigen Regenfällen der letzten Wochen war alles herrlich grün und die hügelige Landschaft erinnerte mich an das bayerische Voralpenland. In Alta Gracia bog ich auf die Ruta 13 ab und nahm direkten Kurs auf Uruguay. Von jetzt an durchfuhr ich eine komplett andere Landschaft: alles Flach und nur noch Farmland. Selbst die Ortschaften änderten sich: kleine, ordentliche, landwirtschaftlich geprägte Dörfer, fast wie in den USA. Vorbei ging es an großen Feldern mit Getreide, Mais, Soja, Mate (für den allgegenwärtigen Tee) und Weideflächen für kleinere Rinderherden, ein paar dutzend oder auch mal hundert. Wo versteckten sich nur die riesigen Rinderherden, die allein die Argentinier auf den Grill warfen?

Am Ortsende von San Francisco, noch in der Provinz Córdoba, aber kurz vor der Provinz Santa Fe, machte ich Bekanntschaft mit vier korrupten Vertretern der Polizei. Ich hatte schon gedacht, diese Gattung wäre ausgestorben in Argentinien. Nachdem sie einige Zeit von Ampel zu Ampel neben mir herfuhren, winkten sie mich plötzlich kurz vor dem Ortsende heraus. Sie begrüßten mich ganz freundlich, wollten meinen Führerschein sehen und redeten mich danach immer höflich mit meinem Namen an. Ich hätte wohl am Ortseingang an einem Kreisel eine rote Ampel übersehen. Dafür müsste ich eine Strafe zahlen. OK dachte ich, wenn ich etwas falsch gemacht hatte, musste ich dafür auch zahlen. Da fing er an mit irgendwelchen Dollarsummen um sich zu werfen und ich bekam nur soviel mit, dass ich entweder gleich hier eine bestimmte Summe oder später im Polizeipräsidium das Doppelte zahlen könnte. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass ich keine Dollar hätte und er doch bitte den Preis in Pesos nennen solle, war er ein wenig ärgerlich und meinte 1.000 Pesos. Das wären etwa 180 Euro und ich meinte, so viel hätte ich nicht. Schließlich sei ich auf dem Weg nach Uruguay und hätte nur noch wenige argentinische Pesos. Auf seine Frage wie viel ich denn hätte, antwortete ich, noch 100 im Auto und etwa 60 im Geldbeutel. Das stimmte zwar nicht, aber was ging ihn das an? Da sah er mich ganz enttäuscht an und fragte wie viel Dollar ich hätte. Keine! Schließlich würde ich viel mit Kreditkarte bezahlen und Bargeld aus dem Automaten holen. Klar hatte ich auch Dollar in bar, aber meine Notreserve ging ihn nun überhaupt nichts an. Er drohte noch ein wenig damit, mich zu verhaften und ich meinte, das fände ich nicht gut. Letztendlich gab er mir nach etwa einer halben Stunde den Führerschein zurück und wünschte mir eine gute Weiterreise.

Davon abgesehen gab es keine Probleme mit den Ordnungshütern. Selbst in der Provinz Entre Rios, eigentlich für korrupte Polizisten berüchtigt, verhielten sich die Beamten alle sehr freundlich und höchst korrekt. Kurz hinter der Provinzgrenze, vor der Stadt Paraná, stand der übliche Kontrollposten und wollte nur die Papiere überprüfen. Nach drei Tagen hatte ich die 846 km zurückgelegt und war im Parque Nacional El Palmar angekommen.

PN El Palmar, 3. bis 5. März 2011

Der Nationalpark lag direkt am Rio Uruguay, der die Grenze zwischen Argentinien und Uruguay bildete. Hier gab es das größte Vorkommen von Yatay-Palmen in der gesamten Provinz. Die Landschaft erschien wie ein Mosaik aus Palmen, Wiesen, Sträuchern und lichten Wäldern, das sich über ein leicht hügeliges Gebiet erstreckte. Durch die intensive Landwirtschaft war von diesem ursprünglichen Bewuchs nichts mehr übrig, außer im Nationalpark. Die Yatay-Palmen standen immer in Gruppen gleichen Alters zusammen und hatten süße, orangefarbene Früchte, die bereits zu Boden fielen. Am meisten gab es aber lichte Wälder und Wiesen mit flachen Sträuchern.

Die erste Nacht verbrachte ich auf dem Campingplatz direkt neben einem Erdloch, in dem Vizcachas lebten. Als es dunkel wurde, fing es draußen auf einmal an zu rascheln, irgendetwas fauchte, manchmal quiekte es, ab und zu klang es wie Babygeschrei. Ich blickte hinaus und sah mehrere Vizcachas laufen, kämpfen und fressen. Keine fünf Meter von Glubschi entfernt. Selbst als ich mit der Kamera anrückte, konnte ich mich ihnen bis auf etwa zwei Meter nähern, so wenig Scheu hatten sie vor Menschen. Ich verbrachte fast zwei Stunden damit, diese niedlichen Tiere im Licht der Sterne und der Taschenlampe zu beobachten.

Die zweite Nacht stand ich ganz allein unter hohen Palmen auf dem Parkplatz des Sendero Yatay. Eigentlich war das nicht erlaubt und gegen 21:30 Uhr blinkten draußen auch die Leuchten auf dem Auto der Park-Ranger. Ich schaltete schnell alle Lichter aus, deckte ab was leuchtete und stellte mich schlafend. Sie umkreisten Glubschi, fanden, dass ich keinen störte und zogen wieder ab. Das war echt nett, dass sie mich zu so später Stunde nicht noch verjagten.

Nachts kommen die Vizcachas aus ihren Erdlöchern heraus

Sie sehen aus wie riesige Hamster

Der erste Blick auf den Rio Uruguay, vor lauter Wald kaum zu sehen...

...erscheint er aus der Nähe ganz schön breit und ziemlich braun

Wenn tagsüber die Vizcachas schlafen, erobern Echsen ihr Gebiet

Obwohl schon Spätsommer ist, gibt es vereinzelt noch schöne Blumen

Die typische Landschaft des Nationalparks El Palmar...

...vor lauter Wald und Wiese sieht man die Palmen kaum...

...aber überall stehen welche in kleinen Gruppen herum

Der Arrojo El Palmar schlängelt sich längs durch den Nationalpark

Wenn es warm wird, sonnen sich die Echsen auf den Steinen...

...während ich mich am liebsten in dem Fluss abkühlen würde

Der perfekte Platz für ein Picknick, schön kühl und der Bach lauwarm

Ich wollte hier nur etwas Essen und Ruhen, aber Glubschi wollte an diesem Platz schlafen