Kaum 26 Tage später raffte ich mich endlich auf die Thermen zu verlassen. Ein letztes Mal zog ich meine Bahnen durch den Pool, Frühstückte danach gemütlich und war schon um 14:00 Uhr abfahrbereit. Zum Glück hatte ich es nicht weit, nur 85 km bis zum Supermarkt in Salto. Nachdem ich eingekauft und alles verstaut hatte, war es bereits dunkel und ich fuhr das kurze Stück zur Uferstraße, wo an einem schönen Platz bereits ein Wohnmobil stand. Ich gesellte mich dazu und es stellte sich heraus, dass neben mir ein uruguayanischer Fotograf campierte, der jetzt ein Jahr durch Uruguay reisen wollte, um das Land von Oben zu erkunden. Er hatte nämlich eine geniale Marktlücke gefunden. Mit einem Paraglider und Propellerantrieb schwang er sich wo immer er wollte in den Himmel und machte tolle Luftaufnahmen. Vor vier Jahren hatte er damit begonnen und war inzwischen so bekannt, dass er genug Sponsoren fand, die ihm die Reise finanzierten. Dafür musste er den Sponsoren nur einige extra Fotos machen. Für die lange Reise trennte er sich von seinem alten VW-Bus und kaufte schweizer Reisenden eine siebzehn Jahre alte deutsche Kabine ab, die er auf einen anderen Pickup montieren ließ, da in Südamerika die Einheimischen keine Fahrzeuge von Europäern kaufen konnten.
Am nächsten Abend traf ich Nacho im Parque del Lago wieder und er brachte noch einige Freunde mit. Einen uruguayanischen Vater, der mit seinen beiden Söhnen vor vier Jahren in einem Citroën Mehari eine Weltreise startete. Nach der Hälfte der Reise hatte einer der Söhne genug und kehrte heim. Jetzt kamen der Vater und sein Sohn nach vier Jahren zurück, in denen sie 60 Länder bereist und etwa 150.000 km zurückgelegt hatten. Als Abschluss wollten sie noch alle 18 Provinzen Uruguays aufsuchen, bevor die Reise wieder in Montevideo endete, wo sie damals begann. Dafür hatten sie extra einen Freund dabei, der die Uruguay-Runde filmisch dokumentieren sollte.
Glubschis Stellplatz auf der Peninsula de los Azahares...
...wo der Staudamm von Salto den Rio Uruguay zum Lago Salto Grande aufstaut...
...einen schmalen See mit vielen schönen Buchten...
...und dicht bewaldeten Ufern, perfekt zum Campieren
Auf der argentinischen Seite geht die Sonne unter
Der uruguayanische Fotograf mit seinem Pickup mit deutscher Kabine
Wenn der Vater mit dem Sohne auszieht, die Welt zu erkunden...
...dann mit dem Citroën Mehari in 4 Jahren, durch 60 Länder, etwa 150.000 Kilometer
Um 22:30 Uhr kam die Polizei und verjagte mich von dem schönen Platz auf der Peninsula de los Azahares. Bereits am späten Nachmittag kam einer von einem Hotel und warnte uns, dass genau das am Wochenende passieren könnte. Im Halbschlaf bekam ich mit, dass Nacho und die anderen schon gegen 21:20 verschwanden. Ob sie selber zusammen packten oder von der Polizei dazu aufgefordert wurden weiß ich nicht, jedenfalls waren sie weg als ich losfuhr und ich fand sie nicht mehr. So kehrte ich zurück zur Uferstraße in Salto und traute meinen Augen kaum: es war Samstag Nacht und alle Plätze an der Straße wimmelten nur so von Menschen, die Grillten und Musik hörten. Nur an meinem Stellplatz war es etwas ruhiger. Wegen der vielen Mopeds mit offenem Auspuff auf der Straße steckte ich mir doch lieber Stöpsel in die Ohren und hatte endlich Ruhe.
General Artigas, der Nationalheld Uruguays...
...nutzte diesen Hügel als Basis bei den Unabhängigkeitskämpfen...
...weil er einen tollen Blick über die Landschaft ermöglicht
Der Verwalter des Campingplatzes sammelt alte Autos
Der Name Puerto Viejo ließ eigentlich einen alten Hafen erwarten, aber ich lag völlig falsch. Von einem Hafen keine Spur, es handelte sich um eine größere Freizeitanlage mit netten Sandstränden am Ufer des Rio Uruguay.
An den Flüssen Uruguays gibt es herrliche Sandstrände
Für den Stopp in Fray Bentos gab es nur einen Grund: die alte Produktionsanlage der Liebig's Extract of Meat Company Ltd. (LEMCO). Der deutsche Chemiker Justus von Liebig erfand einen Prozess, mit dem 32 kg frisches Fleisch in 1 kg Fleischextrakt verwandelt werden konnte, ohne dabei Nährstoffe zu verlieren. Im Jahr 1865 gründete er zusammen mit dem deutschen Ingenieur Georg Giebert in Fray Bentos die Firma und baute die Produktionsanlagen. In den nächsten 117 Jahren wurde der Prozess der Fleischextraktion laufend verbessert und die Produktionsanlage mit den neuesten technischen Möglichkeiten ausgerüstet. So wurde zum Beispiel bereits ab August 1883 Elektrizität eingesetzt, fast drei Jahre bevor es in Montevideo elektrisches Licht gab. Die bekanntesten Marken waren OXO Fleischextrakt und Fray Bentos Corned Beef.
Fray Bentos hat eine nette Uferpromenade...
...und die alte Produktionsanlage der Liebig's Extract of Meat Company Ltd. (LEMCO)
In diesem Autoclaven konnten 1.800 Dosen Corned Beef in 2½ Stunden sterilisiert werden
Ein Teil der Produktionsanlagen kann besichtigt werden (leider hinter einer Glasscheibe)
So arbeitete die Verwaltung in den 1930ern
Hier wurde bis 1980 produziert, erst unter dem Namen LEMCO und ab 1924 unter dem Namen ANGLO
Links die riesige Kühlhalle, 100 m lang, 50 m breit und über 30 m hoch, gekühlt mit Ammoniak
Der Schornstein ist 42 m hoch
Hier mussten die angelieferten Rinder als erstes ein Bauchbad nehmen...
...und danach unter den Duschen durch zum Schlachter hinauf traben
Endlich in Colonia del Sacramento angekommen, parkte ich Glubschi direkt vor dem alten Bahnhof, in dem jetzt eine Gastronomie-Fachschule untergebracht war. Ich richtete mich gerade gemütlich ein, da hielt ein Fahrzeug der Hafenbehörde neben mir und zwei Offiziere stiegen aus. Einer meinte, hier wäre Camping verboten und ich müsse weg. Als ich ihm erzählte, dass Freunde gesagt hätten, hier könne man gut parken und über Nacht stehen bleiben, kam der Einwand, es gäbe aber keine Toiletten und Duschen. Nachdem ich ihm erklärte, dass alles in Glubschi vorhanden sei und ich nur ordentlich angezogen das Fahrzeug verließe, um die Altstadt zu besichtigen, durfte ich doch bleiben. Die Atmosphäre der Altstadt gefiel mir so gut, dass ich statt des geplanten einen Tages insgesamt vier Tage damit verbrachte durch die kleinen Gassen zu schlendern und das Treiben zu beobachten. Eine reife Leistung, wenn man bedenkt, dass sämtliche Gassen locker in zwei Stunden erkundbar waren.
Glubschi parkte vor dem alten Bahnhof...
...direkt neben einem alten Eukalyptus
Aus dem Fenster konnte man den Fähren nach Buenos Aires beim Anlegen zusehen
So sah Colonia del Sacramento 1762 aus, nur die Altstadt umgeben von Mauern
Die Brücke, das Tor, die Mauer, alles nach alten Zeichnungen rekonstruiert
Damals gab es wahrscheinlich auch eine Zugbrücke
Der letzte Rest der Mauer, die einst die komplette Stadt umgab
Die Straße ist noch original, wie die Portugiesen sie im 18. Jahrhundert bauten...
...genau wie dieses Haus, eines der wenigen die übrig blieben
Noch eine kleine Gasse hier...
...und eine dort...
...und eine weitere
Diese gehört schon nicht mehr zur Altstadt
Fast an jeder Ecke kann man diese Wägelchen mieten, wenn man nicht zwei Stunden laufen möchte
Der Plaza, die Bäume blühen gerade wunderschön und im Hintergrund sieht man den...
...Leuchtturm, der die Fundamente einer zerstörten Basilika weiter verwendet
Die gesamte Altstadt, nicht gerade groß, aber idyllisch (oben rechts liegt gerade die Fähre im Hafen)
Auf dem Weg zum Flussufer...
...und entlang der Uferpromenade wirkt es fast mediterran
Sogar einen kleinen Jachthafen gibt es...
...an dessen Ende eine alte Seifen- und Wollfabrik liegt, die jetzt das Gemeindehaus ist
Natürlich gibt es auch hier schöne Sandstrände, mitten im Ort
Die älteste Kirche des Ortes...
...und die Jungfrau der 33 ist das einzig Interessante
Was macht man mit Oldtimern die nicht mehr fahren?...
...einen Tisch für ein Restaurant...
...einen überdimensionalen Blumentopf...
...eine Reklame für ein Aquarium (Vater Fisch, Mutter Fisch und Baby Fisch auf dem Rücksitz)
Ein alter Ford und ein alter Fiat, friedlich hintereinander...
...und noch viele andere Oldtimer auf den Straßen