Gramado / Canela bis Termas del Arapey

Da ich nicht noch mehr zugebaute Strände sehen wollte, fuhr ich nicht zurück zum Meer sondern auf direktem Weg nach Porto Alegre und weiter über die Rota do Pampa Gáucho nach Bagé, wo ich die Grenzformalitäten für den Übertritt nach Uruguay erledigen wollte. Wollte! Denn leider hatte die Policia Federal, zuständig für die Ausreise, am Wochenende geschlossen und es war natürlich Samstag. So fuhr ich zu einem Posten der Straßenpolizei und fragte, ob es direkt an der Grenze, im 70 km entfernten Aceguá, eine Abfertigung gebe, was er verneinte. Aber im 160 km entfernten Santana do Livramento sei ein Übergang der täglich offen wäre. Er rief dort kurz an und tatsächlich, sie fertigten auch am Wochenende ab. Kaum 2½ Stunden später kam ich dort an, es war inzwischen 18:40 Uhr, und sah ein Schild: Abfertigung nur bis 20:00 Uhr. Also rasch den Schildern zur Policia Federal gefolgt, die mich zuerst ins Stadtzentrum und dann wieder hinaus lotsten. Die hatten ihr Büro am Ortsrand, nur vier Straßen von der Straße entfernt über die ich herein kam. Ein Gutes hatte es ja, auf der Tour durch den Ort passierte ich das riesige Gebäude des Zolls. So wusste ich immerhin wo der war. Bei der Polizei ging alles ganz fix: Pass raus, Stempel rein, Fertig. Den Weg zum Zoll kannte ich ja bereits, aber dort wurde es etwas komplizierter: die Dame am Empfang meinte, von den zuständigen Mitarbeitern sei keiner da. Da kam einer von der Security und nahm mich mit. An seinem Schreibtisch hatte er eine Liste mit Handynummern, die er eine nach der anderen anrief, bis einer abhob dem ich mein Problem schildern durfte. Die machten das hier ganz raffiniert: am Wochenende hatten die zuständigen Mitarbeiter frei, aber bei Bedarf wurden sie angerufen und kamen von zu Hause. Das klappte ganz gut, keine zehn Minuten später war er da und konnte die Exportpapiere für Glubschi ausstellen.

Inzwischen war es 20:00 Uhr und ich wollte unbedingt noch nach Uruguay einreisen. Zum Glück hatte mir der nette Mann von der Policia Federal erklärt, wie ich vom Zoll zu seinem uruguayanischen Kollegen käme. Nach einem kleinen Schlenker und einer weiteren Nachfrage bei einem anderen Polizisten fand ich das kleine Häuschen. Dort ging es genauso fix wie auf der brasilianischen Seite: Pass raus, Stempel rein, Fertig. Und was war mit Glubschi? Dafür müsse ich aus Rivera raus und 12 km auf der Ruta 5 fahren, dann käme der Zoll. Dort standen dann auch drei nette Beamte, ein Polizist, ein Zöllner und einer von der Sanitätskontrolle. Sanitätskontrolle? Richtig! Nach Uruguay durfte man kein Obst, kein Gemüse, kein Fleisch und keine Milchprodukte einführen. Ach nö, darauf hatte ich keine Lust mehr. Also schnell noch nach hinten und alles raus aus dem Kühlschrank und verstecken, während draußen die Beamten warteten. Die füllten jedoch nur die Papiere aus, ließen Glubschi durch ein Desinfektionsbad waten und unter einer Desinfektionsdusche durchfahren. Der Innenraum interessierte sie in keinster Weise. Um 21:15 Uhr hatte ich es endlich geschafft, ich war offiziell in Uruguay und nur noch 400 km von den Thermen entfernt.

Termas del Arapey, 24. Oktober bis 7. November 2011

Als ich ankam, waren bereits Volker & Margot, mit denen ich mich verabredet hatte, Wolf & Ilona sowie Jochen & Wally hier. Im Laufe der nächsten Tage kamen noch einige andere deutsche Reisende an, sodass wir eine Art deutsche Kolonie in Arapey bildeten. Besonders freute mich, dass ich Volker & Margot endlich wieder sah! Wie bereits im März hatten wir wieder eine tolle Zeit. Die beiden brachten mir auch einige Sachen aus Deutschland mit, unter anderem eine neue GPS-Maus, die ich gleich verbauen konnte. Aber zuerst musste ich das Tagebuch auf den aktuellen Stand bringen. Vier Tage verbrachte ich damit, die letzten vier Wochen aufzuarbeiten. Vor lauter Arbeit kam ich die erste Woche gar nicht richtig zum Schwimmen.

Buchlesung, 30. Oktober 2011

Was keiner ahnte, wir hatten einen Schriftsteller in unserer Kolonie: Willi Diet, in Goldtaucherkreisen auch bekannt als Bavarian Bill. Auch er entwickelte sich eher zufällig zu einem Globetrotter. Eigentlich wollte er nur die Gasteltern für eine Au-pair Stelle seiner Tochter kennenlernen, die in Alaska lebten. Nach dem Besuch der Familie fuhren sie noch etwas in Alaska herum und dort passierte es, er verliebte sich in eine kleine Goldgräbersiedlung. Also kam er im nächsten Sommer wieder und arbeitete mehrere Monate mitten in der Wildnis als Goldtaucher. Nun hatte ihn das Reisefieber endgültig gepackt. Er kaufte sich ein Wohnmobil und seine Frau meinte nur, du spinnst. So trennten sie sich und er machte erst mal eine Probefahrt durch Europa, bevor er das Fahrzeug verschiffte und nach Alaska zurückkehrte. Dort startete sein bisher größtes Abenteuer, das ihn in zehn Jahren längs durch den amerikanischen Kontinent bis nach Feuerland führte. Über seine Erlebnisse hatte er ein Buch geschrieben, Goldtaucher und Globetrotter: In 10 Jahren mit dem Wohnmobil von den Goldflüssen Alaskas zur Walforschungsstation auf Feuerland. Jetzt hatte er seinen größten Traum erfüllt, saß etwas unschlüssig in Arapey und war sich nicht sicher was folgen würde. Wo auch immer es ihn hin verschlägt, ich wünsche ihm viel Glück bei seinen Reisen und stets festen Untergrund unter allen vier Rädern.

Alle Reisenden hatten sich um Willis Wohnmobil versammelt...

...und warteten darauf, dass die Lesung endlich begann