Termales Santa Rosa bis Karibik

Ich freute mich schon auf die Karibik! Vor meinem geistigen Auge sah ich ein nettes Hostal direkt an einem weißen Sandstrand, Glubschi unter einer Palme stehend und ich, eine Kokosnuss mit Strohhalm in der Hand, in einer Hängematte zwischen zwei Palmen liegend, das türkise Wasser vor und ein strahlend blauer Himmel über mir. Wie in einem Werbeprospekt halt! Ich wollte auf direktem Weg über Medellin und Sincelejo nach Tolú, einem kleinen Ort an der Karibikküste, wo man laut Reiseführer angeblich gut tauchen konnte. Nachdem ich Medellin und Bello hinter mir gelassen hatte, kam kurz hinter Girardota eine Umleitung, die mich von der Ruta 25 auf die Ruta 62 leitete. Leider gab es nie wieder ein Schild, das zurück zur Ruta 25 führte. So war ich gezwungen eine Straße zu fahren, die ich nicht fahren wollte, hin zu einem Ort, wo ich nicht hin wollte. Dieser kleine Umweg von 450 km verdoppelte die Strecke nach Sincelejo auf nahezu 900 km. Wenigstens war die Strecke anfangs landschaftlich sehr reizvoll, zunächst entlang den Rio Medellin, dann über die Berge und weiter entlang den Rio Nus. Bei Puerto Berrio änderte sich die Landschaft auf einmal radikal. Die Hügel wurden immer flacher und endeten schließlich in einer riesigen Ebene, durch die der Rio Magdalena floss. Neben der Straße gab es nur noch endlose Viehweiden oder Palm- bzw. Bananenplantagen. So ging das über hunderte Kilometer, nichts als schwüle Hitze und öde Landschaft, bis bei Bosconia endlich die nächste Möglichkeit kam, nach Tolú abzubiegen. Ich war froh, dass die Klimaanlage funktionierte und bei geöffnetem Fahrerhausdurchgang den Koffer kühlen und trocknen konnte. So hatte ich abends, selbst bei 40° Außentemperatur, etwa 30° bei 50% Luftfeuchtigkeit im Koffer.

Eine der leckeren Früchte Kolumbiens: Curuba; wie kleine Bananen aber schmecken ähnlich wie Maracuja

Karibik, 19. bis 29. Juni 2012

Die Karibik ließ sich so zusammenfassen: Scheiß-Hitze, Scheiß-Straßen, Scheiß-Strände, Scheiß-Orte, Scheiß-Nigger!

Aber von vorne. Kolumbien bestand eigentlich aus zwei verschiedenen Ländern, dem Süden bis zur Linie Medellin - Bucaramanga und dem Norden. Im bergigen Süden lebten überwiegend ursprüngliche Kolumbianer, leicht erkennbar an der milchkaffeebraunen Haut, den europäischen Gesichtszügen, dem offenen, hilfsbereiten Wesen und der höflichen Sprache. Dort sagte man z.B. nicht einfach "de nada" sondern "con mucho gusto". Im flachen Norden lebten überwiegend Nachfahren von schwarzen Sklaven, leicht erkennbar an der dunkleren Haut, den krausen Haaren, dem verschlossenen, häufig unhöflichen Wesen und der Neigung den Tag am liebsten in der Hängematte zu verbringen und darauf zu warten, dass eine Gelegenheit zum Geld machen auftauchte, während außerhalb des eigenen Gartens alles verdreckte und herunter kam. Es hatte wahrscheinlich seine Gründe, weshalb die meisten Arbeiten von Kolumbianern und nicht von Schwarzen erledigt wurden. Das zog sich durch alle Berufe: Polizei, Militär, LKW-Fahrer, Mechaniker, Hotels, Restaurants, etc. Wenn man einen arbeiten sah, war es fast immer ein Kolumbianer.

Tolú, 21. Juni 2012

Tolú war einer dieser Scheiß-Orte mit Scheiß-Strand zu dem eine Scheiß-Straße hinführte. Der Ort hatte zwar eine nette Plaza, aber ansonsten nur kleine Häuschen auf winzigen Grundstücken, die ein paar Zimmer vermieteten. Die wenigen großen Hotels wollten Glubschi nicht auf ihrem Parkplatz und die restlichen Hostale hatten schlicht keinen Platz oder zu niedrige Toreinfahrten für Glubschi. Nachdem ich zwei Stunden durch den Ort gekurvt bin, auf der Suche nach einem möglichen Stellplatz, hatte ich genug und fuhr weiter in Richtung Cartagena. Hier gab es nichts, was mich anzog. Der Strand hatte den Charme eines Industriehafens und der Ort war nur für Hotelgäste ausgelegt.

Cartagena, 22. Juni 2012

Cartagena, einst der wichtigste Hafen der Spanier, über den die Schätze Südamerikas abtransportiert und benötigte Güter angeliefert wurden. Auf dem Weg in das Viertel Bocagrande, wo ich die Koordinaten eines Stellplatzes bei einem kleinen Hotel hatte, umrundete ich die wuchtigen Festungsanlagen, die früher die Stadt umgaben und jetzt das historische Stadtzentrum abgrenzten. Hier wäre ich gerne geblieben, aber das Hotel hatte den Betrieb eingestellt und alles war mit Ketten verschlossen. Darum herum lagen nur lauter moderne Hotels in Hochhäusern mit Tiefgaragen, also keine Chance mit Glubschi unterzukommen. In der Altstadt war alles dicht bebaut, dort brauchte ich es nicht zu versuchen, und an den umgebenden Stränden gab es ebenfalls nur riesige Hotelanlagen. Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, es weit außerhalb der Stadt zu versuchen, aber dazu hatte ich keine Lust. Die Festungsanlage erinnerte von der Konstruktion an das Fortaleza de Santa Teresa in Uruguay und Altstädte hatte ich auch schon genügend gesehen. So ging ich schnell im Burger King was essen und fuhr weiter.

Santa Marta, 22. Juni 2012

Eigentlich wollte ich nach Taganga, einem laut Reiseführer gemütlichen kleinen Ort direkt neben Santa Marta. Da ich ahnte, dass die Suche nach einem Platz nicht einfach werden würde und es nur noch eine Stunde bis Sonnenuntergang war, wollte ich auf einer Ökofarm nicht weit entfernt übernachten, deren Beschreibung ganz nett klang. Da als Wegbeschreibung nur "15 km von Santa Marta in einer Höhe von 400 m" stand, erwartete ich irgendwo am Straßenrand ein Schild "dort lang". Aber es gab nichts. Also hielt ich beim nächsten Polizeiposten und fragte nach der Farm, aber die Polizisten hatten deren Namen noch nie gehört. Trotzdem versuchten sie alles, mir zu helfen: sie fragten bei der Zentrale nach, sie riefen bei einem Hotel an, das angeblich einen Transport dorthin organisieren könne, die Farm aber nicht kennen wollte, sie riefen bei der Touristinfo an und zu guter Letzt geleitete mich einer auf dem Motorrad zur Polizeizentrale. Die Polizisten in der Zentrale versuchten herauszufinden wo das Hotel genau lag und geleiteten mich in einem Van direkt vor dessen Haustür. Inzwischen war es dunkel. Wirklich super, dass die Polizei sich so viel Mühe gab, mir zu helfen. Aber das waren alles Kolumbianer!

An der Rezeption erwartete mich eine Schwarze, die weit weniger hilfsbereit war. Ja doch, die Farm kenne sie, morgen früh könne einer anrufen und ich könne inzwischen hier übernachten – aha, eine Möglichkeit Geld zu verdienen, deshalb kannte sie die Farm nun doch. Als ich erwiderte, dass ich ein Wohnmobil habe und es keinen sicheren Parkplatz gäbe, war ihre Motivation plötzlich dahin. Blöd, dass sie zuvor zugegeben hatte die Farm zu kennen. So musste sie wohl oder übel anrufen. Als der Mann ihr eine Wegbeschreibung geben wollte, reichte sie mir das Telefon und verschwand. Leider sprach der Mann nur spanisch, sodass ich sie suchte, ihr das Telefon zurück gab und sie bat mir die Beschreibung doch aufzuzeichnen. Sie hörte dem Mann ewig zu, während sie sich schminkte, und schrieb am Ende auf einen Zettel "Bonda Estación de Policia". Angeblich habe der Mann in mehreren Minuten nur das erklärt. Schon klar, für die Nigger-Tusse fiel kein Geld ab, also gab es auch keine Hilfe. Immerhin ließ sie sich herab mir zu erklären, dass Bonda ein Ort in der Nähe sei und ich dort bei der Polizeistation nach dem Weg fragen sollte, die wüssten wo die Farm liege. Inzwischen war auch ihr Nigger-Kumpel eingetroffen, der anbot mich nach Bonda zu führen, natürlich nur gegen Bezahlung. Ich bedankte mich bei den beiden für ihre Hilfe und ließ mir von Uschi den Weg weisen. Die Polizeistation zu finden war nicht schwierig, sie lag mitten im Ort an der Hauptstraße. Als dort ein Nigger-Bulle seine virtuelle Hängematte verließ, sich also schwerfällig von seinem Stuhl erhob, war mir gleich klar, dass das nichts bringen würde. Er wusste erwartungsgemäß von nichts und war nicht im Geringsten motiviert, irgendetwas zu unternehmen, was mir behilflich sein könnte. Als ich meinte, ich müsse dringend dort hin, ging er widerwillig in die benachbarte Kneipe und fragte herum. Eine Wegbeschreibung konnte er mir danach nicht geben, aber er schrieb den Namen der Farm aus meinem Reiseführer ab und darunter, dass sie bei irgendeiner Straße am Mangopass liege und ich auf dem Weg dorthin die Leute fragen solle. Tolle Hilfe! In der Dunkelheit auf einer Piste Leute – die nachts sicher reichlich unterwegs waren – nach dem Weg fragen. Auf so eine bescheuerte Idee konnte nur ein Nigger kommen, der zurück in seine Hängematte wollte!

Also strich ich den Plan mit der Übernachtung auf der Ökofarm und fuhr zurück nach Santa Marta und weiter nach Taganga, meinem eigentlichen Ziel. Als ich von einem Hügel in die kleine Bucht hinab schaute und die dicht gedrängten Lichter sah, ahnte ich, dass es vermutlich sinnlos war es zu versuchen. Und richtig, an den Rändern der miserablen Straßen, für die man fast Allrad brauchte, standen Wand an Wand die winzigen Häuser. Ich zog eine Schleife durch den Ort und nirgends auch nur die kleinste Lücke neben einem Haus, in die Glubschi gepasst hätte. So ein Scheiß-Kaff! Die Bucht sah wirklich ganz nett aus, es gab reichlich nette Bars und Restaurants, viele kleine Hostale und einige Tauchläden, aber was half das, wenn ich Glubschi nicht unterbrachte? Ich hatte endgültig die Schnauze voll! Scheiß auf die Karibik! Scheiß aufs Tauchen! Scheiß auf den PN Tayrona! Scheiß auf die Ciudad Perdida! Ich wollte zurück in den kühlen, hügeligen Süden! Zu den netten Kolumbianern! Also ließ ich Taganga und Santa Marta hinter mir und fuhr noch etwa 30 km auf der Ruta 45 in Richtung Bogotá, bis ich um 22:00 Uhr fix und fertig anhielt und ins Bett fiel.

Am nächsten Morgen wurde ich wie immer kurz nach 6:00 Uhr von der Hitze aus dem Bett getrieben und schaute, dass ich so schnell wie möglich los kam. So schaffte ich die 419 km bis zu einem netten Hotel, etwa 100 km vor Bucaramanga, das ich bereits vor vier Tagen entdeckt hatte. Auf dem Weg zickte Glubschi mal wieder herum. Es fing mit einem seltsamen Rattern an, wie wenn man über so Markierungen fährt, die Fahrer aufwecken sollen, nur dass das Geräusch verschwand, wenn ich auskuppelte und wieder kam wenn ich einkuppelte. Zuerst dachte ich, im hinteren Differential wären schon wieder die Schrauben gerissen, aber das Geräusch war doch etwas anders. Nachdem ich angehalten hatte, um das Differential anzusehen, war das Geräusch wieder weg und alles klang wie normal. Kurze Zeit später wollte ich bei einer Mautstation nach dem Bezahlen anfahren, aber es gab nur einen Schlag im Kardan. Ich trat erschrocken die Kupplung, legte den Leerlauf ein und überlegte, was ich machen sollte. Erst mal raus aus der Mautstation. Also ersten Gang eingelegt, Kupplung langsam kommen lassen und Glubschi fuhr los als wäre nichts gewesen. Die nächsten 200 km verhielt sich Glubschi wie immer und ich dachte, alles hätte sich von selbst erledigt. Auf einmal ein rhythmisches Quietschen, wie ich es vom Ventilatorhalter kannte. Also hielt ich den Ventilator fest, aber der war es nicht. Das Quietschen kam mehr von unten, unterhalb der vier Hebel mit denen das Verteilergetriebe geschaltet wurde. Nicht immer, mal beim Anfahren, mal bei niedrigen Geschwindigkeiten, mal bei mittleren Geschwindigkeiten, aber immer je höher die Geschwindigkeit, desto schneller das Quietschen. Dann kam ein metallisches Schlagen dazu, als wenn jemand mit einem Schraubenschlüssel auf den Rahmen schlägt. Ebenfalls nicht dauernd und aus der gleichen Richtung wie das Quietschen und auch mehr Schläge, je schneller man fuhr. Mit der Zeit kam es mir so vor, als entstanden beim Fahren irgendwelche Schwingungen, abhängig vom Untergrund, der Motordrehzahl und der Geschwindigkeit, die das Quietschen, das Schlagen oder beides zusammen auslösten. Sobald ich auskuppelte waren die Geräusche immer weg, wurde ich schneller, verschwanden sie meistens. Hoffentlich schaffte ich es noch bis Bucaramanga, wo das Klima angenehmer war und sich hoffentlich ein guter Mechaniker fand.

Indupalma, 23. bis 29. Juni 2012

Ich grübelte über die komischen Geräusche nach, die Glubschi machte, und kam zu dem Schluss, dass irgendetwas am Antriebsstrang locker sein musste. Die Geräusche klangen nicht so, als kämen sie von innerhalb der beiden Getriebe oder der beiden Differentiale, die kamen von außen. Ich tippte, mit der Getriebehalterung stimmte etwas nicht. Nicht umsonst wird Erich mir eine als Ersatz mitgegeben haben. Also packte ich das Werkzeug aus und legte mich wieder unter Glubschi, wo ich erst vor neun Tagen lag. Ich prüfte alle Schrauben, die in Frage kamen: die Anschlüsse der drei Kardanwellen, die Schrauben an Verteilergetriebe und Getriebe, die Aufhängungen von Motor, Getriebe und Verteilergetriebe. Und siehe da, an der Aufhängung des Verteilergetriebes war eine von drei Schrauben nicht ganz fest und an der Getriebehalterung waren alle drei Schrauben locker. Zwar fühlte ich kein Spiel, aber ich konnte sie mit einem Finger zudrehen. Die Schrauben zog ich richtig fest an und schaute noch, ob irgendwo lose Teile hingen die schlagen konnten und ob das Spiel der Kardanwellen passte. Die hintere Kardanwelle ließ sich 4 mm drehen – was OK war, die vordere Kardanwelle ließ sich 5 mm drehen – was an der Grenze lag, die Kardanwelle zum Getriebe ließ sich 1 mm drehen – dort wusste ich das zulässige Spiel nicht. Vielleicht war Glubschi damit schon zufrieden und ich konnte bis La Paz - Bolivien fahren, wo die nächste große Inspektion anstand – alle Öle wechseln, beide Differentiale öffnen, die Schrauben darin anziehen und das Spiel einstellen. In La Paz gab es einen guten Mechaniker, zu dem alle Reisenden fuhren, die in der Gegend unterwegs waren.

Die nächsten Tage verbrachte ich damit, mich von der vielen Fahrerei durch den Norden Kolumbiens zu erholen. Ich schlief aus, bis es selbst im Schatten zu heiß wurde, Frühstückte in aller Ruhe, las ein wenig, schrieb ein paar Stunden am Tagebuch – wo ich drei Wochen nachholen musste – genoss die Sonnenuntergänge im warmen Pool und ging nachts im Restaurant essen. Aus geplanten zwei wurden sechs Tage, aber das hatte ich mir verdient. Trotz allem freute ich mich auf die Berge, die Hitze nervte allmählich und das Essen war die letzten Wochen nicht besonders abwechslungsreich.

Das Beste am kolumbianischen Norden, ein nettes Hotel...

...mit schönem Pool, leider warm wie eine Badewanne