Catedral de Sal bis Manizales

Eigentlich wollte ich von Zipaquira nur das kurze Stück bis Bogota fahren, um dort das Gold Museum anzusehen. Von einem Kolumbianer hatte ich den Tipp bekommen, dass nicht weit von dem Museum ein bewachter Parkplatz sei, wo ich Glubschi abstellen und auch übernachten könne. Den Parkplatz zu finden war leicht, nur hatte er ein Einfahrtstor mit 2,40 m Höhe und Glubschi war 3,05 m hoch. Ich kreuzte drei Stunden durch das Viertel und fuhr sämtliche Straßen ab, in denen es Parkplätze gab. Alle Parkplätze waren entweder in Tiefgaragen, hatten ein Einfahrtstor mit 2,40 m Höhe, schlossen um 20:00 Uhr oder wollten Glubschi nicht rein lassen. Bei keinem Parkplatz wäre es möglich gewesen zu übernachten und alleine wollte ich Glubschi nicht auf einem geschlossenen Parkplatz ohne Wächter lassen. Also verzichtete ich auf den Besuch des Gold Museums und machte mich auf den Weg nach Ecuador, in Kolumbien gab es nichts interessantes mehr zu sehen.

Von Bogota führte der Weg hinab zum weiten Tal des Rio Magdalena, das ich dieses Mal bei Honda durchquerte. Die Strecke von Honda nach Manizales war die schönste, die ich bisher in Kolumbien gefahren war. Von der schwülen Hitze des Rio Magdalena ging es direkt in das Herz der Kaffeezone. Die Straße schlängelte sich durch dicht bewaldete Berghänge hinauf auf 3.700 m Höhe, wo man kurz vor Manizales einen Pass überquerte, um dann steil nach unten zu führen. Im Tal beherrschten Palmen das Bild, die mit zunehmender Höhe erst von Bananen und später von riesigen Kaffeeplantagen abgelöst wurden. Ab etwa 2.600 m Höhe wurde die Vegetation spärlicher und kleine Gruppen von Kühen standen im saftigen Gras. Da ich die Strecke am späten Nachmittag fuhr, hingen dichte Nebelschwaden an den umgebenden Bergen. Ein wirklich phantastisches Bild. Hier war Kolumbien am kolumbianischsten.

Nur Stellplätze gab es wieder keine. Ich fuhr begeistert durch die atemberaubende Landschaft und dabei wurde es immer später. Auf dem Weg hinunter nach Manizales kam die Nacht und ich wollte bloß noch die Stadt durchqueren und mich dann bei einer Tankstelle hinstellen. Doch Glubschi war anderer Meinung. Kurz nach Ortseingang hörte ich das vertraute mahlende Geräusch aus dem hinteren Differential. Nichts ging mehr. Die letzten 940 km kamen keine Geräusche mehr aus dem Antriebsstrang und jetzt stand ich im Dunkeln auf einer einsamen Straße. Aber inzwischen war ich schlauer, schaltete den Allradantrieb ein und schleppte mich im Schritttempo die letzten 500 m bis zur Einfahrt einer großen Firma, an deren Tor ein Wächter saß. Der Wächter war wirklich mega nett. Er telefonierte mit mehreren Mechanikern, doch es war schon nach 20:00 Uhr und die meisten Werkstätten hatten inzwischen geschlossen. Er rief den Chef der Firma an, um zu fragen ob ich auf dem Firmengelände übernachten dürfe, was dieser jedoch verneinte. Doch der Chef rief seinen Mechaniker an, der die ganzen Fahrzeuge der Firma reparierte. Der rief umgehend zurück und bot an, noch vorbei zu kommen. Da es bereits 22:30 Uhr war, meinte ich das wäre nicht nötig, ich könne hier übernachten, jedoch wäre es nett, wenn er mich am nächsten Morgen um 6:00 Uhr abholen könne, da ich dann die Einfahrt der Firma verlassen müsse. Als das geklärt war, bestellte der Wächter noch etwas zu Essen für mich. Während wir darauf warteten, kam einer der Mechaniker, die der Wächter erreicht hatte. Aber der war auf Motoren spezialisiert und ich hatte ein Problem mit dem Differential. Wirklich toll, wie hilfsbereit die Kolumbianer waren.

Manizales, 4. Juli bis 15. August 2012

Wie immer, wenn Glubschi Probleme hatte, konnte ich kaum schlafen. So stand ich um 5:15 Uhr auf und baute die beiden Antriebswellen der Hinterachse aus, damit ich bis zur Werkstatt fahren konnte. Ich war gerade damit fertig, als kurz nach 6:00 Uhr der Mechaniker kam. Die 12 km bis zur Werkstatt ging es entweder steil bergauf oder steil bergab und ich schlich mit maximal 20 km/h dahin, schließlich wollte ich das vordere Differential schonen und das hintere Differential nicht weiter beschädigen. Nach 45 Minuten hatten wir endlich die Werkstatt erreicht und der Mechaniker baute sofort das Differential aus. Es war das gleiche Bild wie vor 13 Monaten in Argentinien, alle zehn Schrauben waren abgerissen, die das Tellerrad mit dem Differentialkorb verbanden. Doch dieses Mal hatten die Schraubenreste einen deutlich größeren Schaden angerichtet.

Schon wieder sind die 10 Schrauben gerissen, die das Tellerrad mit dem Differentialkorb verbinden

Eine tiefe Furche im Gehäuse sowie links und rechts die Enden abgebrochen

Hinter dem abgebrochenen Gehäuseteil lauert der beschädigte Triebling...

...bei einem Zahn ist ein Teil herausgebrochen

Die Löcher sind jetzt teilweise oval...

...und der Differentialkorb hat Einlaufspuren

Das war es dann. Ein neues Differential musste her! Das wollte ich natürlich ungern bezahlen, schließlich rissen die Schrauben nach nur 80.000 km das erste Mal ab und nur 17.000 km später rissen die Schrauben erneut ab. Aber Bremach stellte sich stur, rechnerisch sei es gar nicht möglich, dass die Schrauben reißen. Dazu müsse man mit Hinterradantrieb im ersten Gang in der Geländeuntersetzung fahren, also das Fahrzeug falsch bedienen. Blöd nur, dass ich beim ersten Mal mit 75 km/h im 6. Gang ohne Untersetzung auf Asphalt in der Ebene und beim zweiten Mal mit 40 km/h im 3. Gang mit halber Untersetzung auf Asphalt bergab im Schubbetrieb gefahren war, als die Schrauben rissen. Von falscher Bedienung konnte wirklich nicht die Rede sein. So diskutierte ich mehrere Tage mit Erich, aber von Bremach war keine Kulanz zu erwarten. Echt jämmerlich! Wenigstens war Erich so kulant, dass er mir ein neues Differential zum Händlerpreis angeboten hat, er also keinen Cent Gewinn machte.

Trotzdem, meines Erachtens waren die Differentiale von Bremach Schrott! Bisher hatte ich drei Bremach getroffen, einen in Marokko, einen in Argentinien und einen in Kolumbien. Einer der Besitzer hatte einen Freund, der ebenfalls einen Bremach fuhr. Diese fünf Bremach – meinen eingeschlossen – deckten ein weites Spektrum ab, vom spärlich ausgebauten Kastenwagen mit 3,2 to bis zu Glubschi mit 5,2 to. Alle fünf Bremach hatten mindestens einen Totalausfall des Differentials und mussten sich wichtige Teile oder das komplette Differential von Erich zuschicken lassen. Oder anders gesagt, 100% der Bremach die ich persönlich kannte hatten Probleme mit dem hinteren Differential. Bei so einer Statistik durfte man durchaus behaupten, dass die Differentiale mangelhaft konstruiert waren. Aber Bremach sah das wiederum ganz anders, das waren alles Bedienungsfehler. Wobei, ich hatte noch richtig Glück. Meines hielt immerhin 80.000 km bis zum ersten Ausfall, wahrscheinlich weil ich zu 95% auf Asphalt und ansonsten auf guten Schotter- bzw. Erdpisten unterwegs war, einen echten Geländeeinsatz gab es so gut wie nie. Bei den anderen Bremach, die auch ins Gelände fuhren, hielten die Differentiale deutlich kürzer.

Warten auf ein neues Differential, 10. Juli bis 6. August 2012

Letztendlich blieb mir leider nichts anderes übrig als das Differential zu bestellen und zu bezahlen. Schließlich stand ich mit kaputtem Differential in Kolumbien und wollte weiter reisen. Also bestellte Erich am 10. das Differential bei Bremach in Italien. Die hatten das natürlich nicht auf Lager, schließlich war das Fahrzeug schon sieben Jahre alt, und mussten erst ein neues produzieren, was zwei Wochen dauerte. Da hatte ich genug Zeit, mich um den Transport des Differentials nach Kolumbien zu kümmern und nebenbei die Wasserpumpe zu richten, die friedlich vor sich hin tropfte und meine Wohnung langsam unter Wasser setzte. Hätte ich Erich das Differential mit DHL schicken lassen, wären stolze 720 € Versandkosten dazu gekommen. Aber ich war ja Mitglied beim ADAC. Die konnten das Differential zwar nicht direkt zum Haus des Mechanikers schicken, sondern nur zu einem internationalen Frachtflughafen, also dem 65 km entfernten Pereira, dafür kostete der Transport auch nur 265 €, wovon der ADAC noch dazu die Hälfte übernahm. Daher ließ ich Bremach das Differential von Italien gleich zum ADAC schicken, wo es am 27. ankam. Noch am selben Tag entfernte der ADAC die Rechnung sowie jegliche andere Papiere aus dem Paket, erstellte den Frachtbrief und kümmerte sich um den Versand nach Pereira. Am Ende kostete der Transport ein klein wenig mehr, da die Kiste etwas größer und deutlich schwerer war als angekündigt, 46 kg statt 35 kg. Auch dauerte die Lieferung deutlich länger als geplant, 10 Tage statt 5 Tage. Laut Flugplan hätte das Differential am 1. August in Pereira ankommen sollen, erreichte aber erst am 2. Panama City, wo es drei Tage lag. Weil das Frachtaufkommen zu gering war, wurden keine Frachtflugzeuge eingesetzt sondern Fracht in normalen Linienflügen transportiert, die aber alle ausgebucht waren und keine Fracht mitnehmen konnten, da die Passagiere viel Gepäck dabei hatten. Am Sonntag war es endlich in Pereira, verbrachte den Montag noch im Zoll und der Dienstag war ein Feiertag.

Import eines neuen Differentials, 8. bis 13. August 2012

Am 8. fuhren wir frohen Mutes nach Pereira, um das Differential abzuholen. Ich stellte mir das so einfach vor: ich gehe zum Frachtbereich des Flughafens, bezahle die Handlinggebühren, gehe zum Zoll, bezahle die Importsteuern, gehe zum Lager und bekomme das Differential. Da konnte der kolumbianische Amtsschimmel nur lauthals wiehern! Bereits am 6. war das Differential zu einem speziellen Zolllager im Nachbarort transportiert worden, weil der Lagerbereich des Flughafens total winzig war. Im Frachtbereich des Flughafens bekam ich nur die Papiere ausgehändigt, nachdem ich zuvor 28 € Handlinggebühren plus 46 € für den Transport zum Zolllager bei der Banco Popular eingezahlt hatte. Jetzt fingen die Probleme erst an! Die vom ADAC beauftragte Spedition hatte die Fracht so dokumentiert, als sei sie für Kolumbien bestimmt und nicht für einen Transit. Das bedeutete, dass sie nach Kolumbien importiert werden musste. Hört sich einfach an, war es aber nicht! Denn für einen Import benötigte man einen Importeur, was mein Mechaniker nicht war, oder einem Importagenten, der 159 € kostete. Zum Glück waren die Angestellten der Zollbehörde sehr hilfsbereit und erklärten dem Mechaniker wie man zum Importeur wird und wie der Import abläuft, doch könne nur die Steuerbehörde im Wohnort den Status eines Importeurs zuteilen. Daher fuhren wir unverrichteter Dinge zurück nach Manizales und ließen den Mechaniker noch schnell zum Importeur werden. Das liest sich jetzt ganz mühelos, aber wir waren insgesamt sieben Stunden und 100 km in Pereira unterwegs, Flughafen – Zolllager – Zollbehörde – Zolllager – Importagent – Zollbehörde – Zolllager.

Am 9. ging es wieder nach Pereira. Für den Import des Differentials benötigte der Mechaniker einen Zugang zum Computersystem der Zollbehörde, der wiederum nur in Pereira beantragt und in Bogota genehmigt werden konnte. Nachdem der Antrag ausgefüllt und die Transportdokumente kopiert waren, wurde alles per Mail nach Bogota geschickt, wo der Zugang freigeschaltet wurde. Auf dem Rückweg nach Manizales schauten wir noch kurz im Zolllager vorbei, wo der Mechaniker das Differential endlich zu sehen bekam. Er musste für die Importdeklaration sämtliche Nummern und Codes erfassen, die auf dem Differential vorhanden waren. Im Zolllager erfuhren wir auch, was die Lagerung kostet: 106 € für bis zu 15 Tage.

Am 10. ging es mittags zu einer Bekannten des Mechanikers in der Zoll- und Steuerbehörde von Manizales. Diese wollte uns eigentlich beim Ausfüllen der komplizierten Importdeklaration helfen, konnte es jedoch leider nicht, sodass wir letztendlich den Importagenten in Pereira damit beauftragen mussten. Da wir gestern alles an Vorarbeit geleistet hatten und der Importagent nur noch die Daten in das Computersystem der Zollbehörde eingeben musste, sanken auch die Kosten dafür, auf 68 €.

Am 13. ging es zum letzten Mal nach Pereira. Wie immer, wenn man etwas nicht selber macht oder beaufsichtigt, war nichts erledigt. Der Zugang zum Computersystem der Zollbehörde war nicht da und der Importagent hatte die Mail mit den Dokumenten nicht erhalten. Dabei hatte ich den Mechaniker extra gebeten den Importagenten zurückzurufen und sich den Empfang der Mail bestätigen zu lassen. So verbrachten wir den Vormittag damit, die Zugangsdaten zu besorgen und die Frachtdaten in das Computersystem einzugeben. Mittags stand die Höhe der Steuern fest: 108 €. Die Steuern mussten nämlich nicht nur auf den Differentialwert – mit 200 € bewusst niedrig angegeben – sondern auch auf die Frachtkosten – mit 295 € deutlich höher – bezahlt werden. Wobei die Importsteuer mit 5% recht gering war. Dazu kamen allerdings 16% IVA (entspricht der deutschen Mehrwertsteuer) auf den Gesamtbetrag von Differentialwert + Frachtkosten + Importsteuer. Nachdem ich die Steuern bei der Bancolombia eingezahlt hatte, musste das noch im Computersystem bestätigt werden und schon konnte der Beleg für das Zolllager ausgedruckt werden. Keine Minute zu früh. Etwa fünfzehn Minuten vor Ladenschluss kamen wir im Zolllager an, bezahlten die Lagergebühren und bekamen dann das Differential. Geschafft! Das Differential war in meinen Händen!

Lange Rede, kurzer Sinn: kaum eine Woche und 356 € später hatte ich endlich das Differential in meinen Händen, fast sechs Wochen nach Ankunft in Manizales. Ohne die endlose Hilfe des Mechanikers hätte ich das nie geschafft!

Camping in der Werkstatt

Zum Glück war der Mechaniker sehr gastfreundlich. Er fuhr mich nahezu täglich zu einem Internetladen, brachte mich zum Supermarkt und lud mich sogar ein, bei ihm zu Hause zu duschen, im Gästezimmer zu wohnen und mit der Familie zu essen. Wirklich ein wahnsinnig netter und hilfsbereiter Mann. Das war mir schon fast peinlich und ich wollte ihn so wenig wie möglich belästigen. Deshalb schlief ich lieber auf dem Werkstattgelände, machte mir das Frühstück selber und kaufte immer in einem Restaurant etwas zum mitnehmen, wovon ich vier Tage essen konnte, so riesig war die Portion. Dann hatte er wenigstens sonntags, seinem einzigen freien Tag, ruhe vor mir und Zeit für seine Familie. Dennoch, ohne ihn wäre ich vollkommen hilflos gewesen! So konnte ich die sechs Wochen einigermaßen angenehm auf dem Werkstattgelände campieren, während ich auf das neue Differential wartete.

Die Werkstatt: Erdboden, keine Toiletten, keine Dusche, kein Internet, keine Restaurants, gar nichts...

...Glubschi stand, gut geschützt vor den täglichen Regenschauern, unter einer Plane...

...vor ihm ein kleiner Bach und die lokale Müllverbrennungsanlage...

...hinter ihm auf dem Hügel eine Kirche, damit für Gottes Beistand gesorgt war

In der Ferne konnte man Manizales sehen