Unser nächstes Ziel war der Redwood NP in Kaliforniens Norden, kurz vor der Grenze zu Oregon. Wir kamen gut voran: am 12. 201 km, am 13. weitere 97 km und am 14. war nach 41 km Schluss. Die Straße führte durch dichten Wald, ohne Möglichkeit an den Rand zu fahren, und Harry zog eine dichte Rauchwolke hinter sich her. Aus dem Getriebe lief ein Strahl Getriebeöl, was am heißen Auspuff verbrannte. Ich hätte schon am 13. Abends verdacht schöpfen sollen, als Harry beim rückwärts fahren so komisch hoppelte. Aber ich dachte das lag am niedrigen Ölstand des Getriebes, das ich einfach auffüllte. Seit wir Harry hatten, tropfte immer was am Getriebe runter. Nicht dramatisch, aber es musste halt regelmäßig nachgefüllt werden. Das sei bei amerikanischen Fahrzeugen eben so üblich … vermuteten wir, weil auf den Parkplätzen überall Öl am Boden war.
Da standen wir nun, wahrlich in der Mitte von Nirgendwo und Harry wollte nicht mehr weiter. Für Internet mussten wir mit RAVi ein Stück weiter fahren und fanden so einen Mechaniker in Leggett, nicht weit entfernt. Zum Glück war Montag und der Laden hatte noch offen. Ich fuhr direkt hin, um mit dem Chef zu reden. Der meinte nur, dass auf der Strecke häufiger die Getriebe von Wohnmobilen starben. Ich solle am nächsten Morgen das Getriebe wieder befüllen und mit etwas Glück sei es kalt dicht genug, um bis zu ihm zu fahren. Er gab mir einen Karton mit zwölf Flaschen a knapp einen Liter Getriebeöl und meinte: bis Morgen dann.
Am nächsten Morgen füllte ich acht Liter Getriebeöl nach und startete den Motor. Es tröpfelte ziemlich stark. Ich fuhr sofort los und schaffte immerhin knappe 6 km bis zu einer großen Lichtung. Dort prüfte ich das Getriebe und sah einen dicken Strahl aus dem Getriebe laufen. Bis hierher war es noch relativ eben, aber vor uns ging es auf engen Kurven hinunter in ein Tal und dann nochmals kräftig bergauf zum Mechaniker. Zudem gab es keine weitere Stelle mehr zum Parken, abgesehen von einem Platz im Tal. Das hatte so keinen Sinn, wir brauchten einen Abschlepper. Da wir keine Roadside Assistance hatten, kostete uns das $1000.-. Ganz schön kräftig für das kurze Stück. Aber es wurde nach Stunden abgerechnet, 1 Stunde Anfahrt, 1 Stunde anhängen, ½ Stunde fahren und einparken, ½ Stunde abhängen sowie 1 Stunde Rückfahrt. Machte 4 Stunden a $250. Die Amis sind echt nicht ganz richtig im Kopf!
Jetzt hatten wir extra einen Abschlepper kommen lassen, damit das Getriebe geschont wurde und repariert werden konnte. Dann meinte Mark, dass eine Reparatur der Dichtung nicht viel billiger als ein überholtes Getriebe wäre und er nicht versprechen könne, dass das Getriebe keine weiteren Schäden außer der Dichtung habe. Klasse! Na ja, es war wie es war. Wir bestellten ein überholtes Getriebe bei Jasper – einer angeblich guten Firma. Was es halt Gutes gab an amerikanischen Firmen. Bis das Getriebe gebaut, getestet und zugestellt war, vergingen neun Tage.
Das alte Getriebe raus, 24. Mai 2018
Das neue Getriebe rein, 25. Mai 2018
Am Freitag den 25. kam das neue Getriebe endlich an und Mark hatte bereits alles für den Einbau vorbereitet. Spätnachmittags war alles fertig und wir konnten eine Probefahrt machen. Das Getriebe verhielt sich total seltsam und schaltete wann es wollte. Da stimmte etwas absolut nicht! Mark wusste sofort woran das lag. In der Parkbremse, wo er die Bremsbeläge gewechselt hatte, war der Geschwindigkeitssensor verbaut. Bei der Montage hatte er bereits bemerkt, dass das große Zahnrad leichte Risse hatte, aber er konnte es nirgends besorgen. Also baute er die Parkbremse wieder aus und sah, dass das Zahnrad jetzt komplett zerbröselt war. Nun musste er sehen, wo er es her bekam.
Eine Woche später hatte Mark die notwendigen Teile beisammen, die Parkbremse mit einem neuen Geschwindigkeitssensor versehen und alles wieder eingebaut. Das überholte Getriebe hatte uns mit Einbau $3.900.- und der neue Geschwindigkeitssensor samt Einbau weitere $300 gekostet. Bei der Probefahrt verhielt sich Harry ordentlich und schaltete wieder ganz geschmeidig. Wir waren bereit zur Abfahrt. Da bereits Freitag war, blieben wir bis Montag. Nicht dass unterwegs etwas passierte und dann alle Werkstätten geschlossen hatten. Aber wir waren vorbereitet: wir hatten inzwischen eine Roadside Assistance abgeschlossen. Für alle Fälle.
Humboldt Redwoods SP, 27. Mai 2018
Nachdem Harry wieder einsatzbereit war, wollten wir noch etwas die Gegend zu erkunden. Etwa 60 km entfernt gab es die Avenue of the Giants, die zum Humboldt Redwoods State Park gehörte. Die Tour wurde uns in den letzten Tagen mehrfach von Einheimischen empfohlen und daher machten wir sie endlich.