Kurz hinter Grants Pass ging es lang und steil einen Berg hinauf. Harry wurde es richtig warm, sodass wir die Heizung einschalteten, damit die Kühlertemperatur nicht zu hoch wurde, und die Fenster öffneten, damit uns nicht zu warm wurde. Plötzlich hörte ich ein leises Zing und danach ein mahlendes Geräusch. Vorsichtshalber fuhr ich auf die rechte Spur und wurde etwas langsamer. Nachdem das Geräusch verschwand, gab ich wieder Gas und fuhr weiter. Als es dann bergab ging, schlug der Tacho zuerst wie wild aus und fiel dann auf 0 mph. Das kannte ich bereits: wir hatten ein Problem mit der Parkbremse, in der der Geschwindigkeitssensor verbaut war. Da es kräftig bergab ging, mussten wir noch ein Stück weiter fahren. Zum Glück gab es am Ende des Berges eine Ausfahrt, in der Mitte von Nirgendwo. Ein kurzer Blick unter Harry bestätigte meine Vermutung, die Parkbremse war so heiß, dass sie leicht qualmte und die Luft darum flimmerte.
Ich fragte den Ladeninhaber, ob es in der Gegend irgendeine Werkstatt gab. Die nächste wäre 25 km zurück in Grants Pass gewesen, oder 10 km weiter aber über drei Berge hinweg in Wolf Creek. Beides klang nicht verlockend für uns. Immerhin gab es auf der anderen Seite der Interstate einen Campingplatz, der von Brad und Chris betrieben wurde. Wir fuhren im Schritttempo hin und klagten den beiden unser Leid. Chris fand einen Platz für uns, auf dem wir bleiben konnten bis wir unser Problem gelöst hatten, und Brad rief einen mobilen RV-Mechaniker an, den er kannte und der in ein paar Tagen bei uns vorbei schauen wollte.
Als der Mechaniker nach zwei Tagen zu uns kam, war das erste was wir sahen ein „Trump & Pence“ Aufkleber an seinem Auto. Klasse! So ein Idiot der Trump gewählt hatte! Hoffentlich war er wenigstens als Mechaniker zu gebrauchen. Er baute die Parkbremse in einer Stunde aus – nicht gerade besonders schnell – und nahm sie mit in seine Werkstatt, um sie zu zerlegen. Nach zwei weiteren Tagen rief er uns an, dass er sie nicht zerlegen konnte. Anscheinend war die Welle mit den Lagern verbacken und ließ sich nicht herausziehen. Am nächsten Tag kam er mit der Parkbremse und einer Rechnung über $300 zu uns. Für den Ausbau $90 und weitere $180 für den Versuch sie zu zerlegen. Der Rest war für seine vergebliche Suche nach einem Ersatz für die Parkbremse. Angeblich hatte er noch viel mehr Zeit mit der Parkbremse verbracht, aber die wollte er uns nicht in Rechnung stellen.
Die Teilenummer auf der Parkbremse war kaum noch lesbar aber nach einiger Recherche und etwas qualifizierten Raten haben wir sie doch herausbekommen. Bei Ford hätten wir eine neue bekommen können – für $2.400. Ganz schön unverschämt für so ein kleines Teil. Bei eBay fanden wir schließlich eine Firma in Kalifornien, die eine überholte Parkbremse für $950 zzgl. $90 Versand anbot. Dann hatte plötzlich der Mechaniker eine Quelle, wo er sie für $1.500 bekommen hätte. Es war aber nicht klar, ob das eine neue oder überholte Parkbremse gewesen wäre. Nach reiflicher Überlegung entschieden wir uns für die Firma von eBay, weil es das billigste Angebot war. Das nahm uns jedoch der Mechaniker übel, der daraufhin auf keine SMS und Anrufe mehr reagierte.
Ich erzählte Brad, dass wir das Verhalten des Mechanikers extrem unprofessionell fanden, und zeigte ihm sogar die SMSe auf die der Mechaniker nicht mehr reagiert hatte. Brad fand das ebenfalls unerklärbar und meinte, dass er den Mechaniker keinem mehr empfehlen würde. Da er sich dafür verantwortlich fühlte, bot er uns an nach dem Unabhängigkeitstag am 4. Juli beim Einbau der neuen Parkbremse zu helfen. Das war wirklich sehr nett von ihm und wir nahmen das Angebot dankend an.
Nachdem soweit alles geregelt war, rief ich Mark an, unseren Mechaniker in Leggett. Ich beschwerte mich darüber, dass die Parkbremse, die er repariert hatte, nun komplett den Geist aufgegeben hatte. Nach einigem hin und her einigten wir uns darauf, dass er die Hälfte der Reparaturkosten übernehmen und uns einen Scheck über $750 schicken würde. Drei Tage später war der Scheck tatsächlich bei uns. Eventuell hatte ihn mein Nazi-Akzent so verunsichert, dass er lieber zahlte. Ich glaube aber eher, dass er stolz auf seine Arbeit ist und es ihn getroffen hat, dass seine Reparatur so misslungen war.
Pünktlich am 5. Juli traf die neue Parkbremse ein und Brad legte sich unter das Wohni und hob die schwere Parkbremse an die richtige Position. Ich schraubte sie dann fest und schloss die Kardanwelle wieder an. Danach legte sich Brad nochmals unter Harry und prüfte ob ich alle Schrauben fest genug angezogen hatte. Jetzt waren wir wieder fahrbereit und machten gleich eine kleine Probefahrt nach Norden. In Wolf Creek fuhren wir von der Interstate runter und hielten kurz an. An der Parkbremse tröpfelte etwas ATF herunter, wahrscheinlich hatte ich zu viel davon eingefüllt und es kam bei der Entlüftung heraus. Wir fuhren wieder zurück und blieben noch eine Nacht auf dem Campingplatz, bevor wir am nächsten Tag endgültig los wollten.
Von hier aus nochmals vielen Dank an Brad und Chris die so nett waren und uns tatkräftig unterstützten. Falls jemand in die Gegend kommt sollte er auf dem Sunny Valley RV Park and Campground übernachten und die beiden ganz herzlich von uns grüßen.